Die Entwicklung des Planetariums (2024)

Technik kurz erklärt Die Entwicklung des Planetariums

Von Dipl.-Ing. (FH) Monika Zwettler 6 min Lesedauer

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In unserer Serie „Technik kurz erklärt“ stellen wir regelmäßig Meisterwerke der Konstruktion und besondere Entwicklungen vor. Heute: das Planetarium.

Das Planetarium, wie wir es heute kennen, feiert in diesem Jahr Jubiläum: Im Oktober 1923 wurde der erste Planetariumsprojektor der Welt im Deutschen Museum in München eingeweiht. Grund genug, die Entwicklung des Planetariums unter die Lupe zu nehmen. Ein Planetarium ist heute weit mehr als eine optomechanische Einrichtung, die die Projektion eines Sternenhimmels ermöglicht – das gesamte Universum kann realistisch dargestellt werden, sodass jeder ferne Welten erleben kann, als hätte er ein eigenes Raumschiff.

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Eine kurze Geschichte der Planetenmaschinen

Schon seit jeher üben der Sternenhimmel und die Geheimnisse des Universums eine ungebrochene Faszination auf die Menschheit aus. So gab es schon lange vor dem erstem Planetarium Vorrichtungen zur Darstellung der Bewegungen von Gestirnen und Planeten.

  • Ursprünglich handelte es sich um mechanische Modelle, die von Hand oder später auch von Uhrwerken bewegt wurden. Das erste Planetarium dieser Art schuf vermutlich Archimedes um 250 v. Chr; es soll als eine Art Kugelnetzgitter aus Bronze ausgeführt gewesen sein und die Bewegungen von Sonne, Mond und wahrscheinlich auch der Planeten in exakten Geschwindigkeitsverhältnissen gezeigt haben, wie Cicero wohl berichtete.
  • Zur Demonstration des heliozentrischen Weltbildes ersann der deutsche Astronom und Mathematiker Wilhelm Schickard (1592 - 1635) eine der ersten Handplanetenmaschinen. Er ist mit seinem Tellurium, also einer Planetenmaschine zur Demonstration der Bewegungen von Erde und Mond, auf einem Portrait von 1632 abgebildet.
  • Im Europa des späten 17. Jahrhunderts wurden kleine Modellplanetarien, die die Bewegung der Planeten um die Sonne imitierten, in Uhren eingebaut. Einige von ihnen zeigten schon die Drehung der Monde um ihre Planeten.
  • Große, begehbare Hohlgloben, an deren Innenseite entweder die Sternbilder eingezeichnet sind, oder in deren Hülle Löcher unterschiedlicher Größe durch das von außen hinein dringende Licht die Sterne assoziieren, gelten als Vorläufer moderner Projektionsplanetarien. So zum Beispiel der Gottorfer Riesenglobus, der von 1650 bis 1664 gebaut wurde. Sein Hauptteil war eine hohle Kupferkugel mit einem Durchmesser von 3,1 m mit einem Tisch und einer gebogenen Bank für 12 Personen im Inneren. Auf der inneren Oberfläche der Kugel befanden sich die Bilder der Sternbilder. Die Sterne waren vergoldete Kupfernagelköpfe, die durch das Licht einer zentralen Öllampe leuchteten. Auf dem Tisch lag eine Kupferkugel, die die Erde darstellte.
  • Seit 1713 John Rowley (1665–1728) eine Planetenmaschine für die Darstellung des Umlaufs der Planeten um die Sonne für Charles Boyle, 4. Earl of Orrery (1674–1731) gebaut hatte, werden solche Geräte auch als Orrerys bzw. Orrerien bezeichnet. In Deutschland wurden unter anderem Johann Georg Neßtfell und Philipp Matthäus Hahn durch den Bau solcher Maschinen bekannt.
  • Nach der Erfindung von elektrischem Licht und Motoren im späten 19. Jahrhundert wurde es möglich, große Orrerien zu bauen. Das erste wurde Anfang der 1920er Jahre im Deutschen Museum in München installiert. In der Mitte eines kreisförmigen Raumes befand sich eine große beleuchtete Kugel, die die Sonne darstellte. Kleinere beleuchtete Kugeln stellten die Planeten dar, und die kleineren Kugeln wurden mit Stäben von der Decke abgehängt. Die Stäbe waren an motorgetriebenen Autos befestigt, die auf "orbitalen" Bahnen rund um den Globus fuhren. Unter dem Globus, der die Erde repräsentierte, befand sich eine kleine, motorgetriebene Plattform, auf der ein Individuum fahren konnte. Während das Orbital lief, konnte ein Reiter eine Simulation des Umlaufs der Planeten um die Sonne aus der Perspektive der Erde sehen.

Die Entwicklung des ersten Projektionsplanetariums

Im Sommer 1923 erstrahlte der erste künstliche Sternenhimmel in Jena. Zehn Jahre lang hatten Mechaniker, Ingenieure, Astronomen und Physiker an einem Gerät gearbeitet, mit dem der Fixsternhimmel und die Planeten in eine Kuppel proji*ziert werden konnten. Den Auftrag erhielt die Firma Zeiss im Jahr 1913 von Oskar von Miller, dem Gründer und ersten Generaldirektor des Deutschen Museums. Miller wollte eine Einrichtung für das Museum, das den Besuchern das Aussehen und die Bewegungen des Fixsternhimmels und der Planeten, der Sonne und des Mondes vorführen konnte. 1914 entstand die Idee – wohl eher zufällig – diese Funktionen durch Projektion zu ermöglichen.

Entwickelt und gebaut wurde der Sternenprojektor, der als Mark I bekannt ist, von dem deutschen Maschinenbauingenieur und Physiker Walther Bauersfeld (1879 - 1959) zwischen 1919 und 1923. In der Patentschrift 391036 von 1922 wird der komplexe optisch-mechanische Apparat wie folgt beschrieben: Den künstlichen Sternenhimmel erzeugen mehrere um den Kuppelmittelpunkt angeordnete Projektionseinrichtungen. Während der Fixsternhimmel um die Weltachse rotiert, simulieren separate Mechaniken die Bewegung von Sonne, Mond und Planeten.

Auszug aus der Patentschrift zum ersten Projektionsplanetarium:

„Die Erfindung bezieht sich auf eine Vorrichtung zum Proji*zieren von Gestirnen auf eine kugelförmige Projektionswand.

Um einerseits auf dieser Projektionswand den Fixsternhimmel in solcher Ausdehnung sichtbar machen zu können, wie er am Aufstellungsort der Vorrichtung gesehen wird, werden mehrere Projektionseinrichtungen derart angeordnet, daß sie um eine den Kugelmittelpunkt der Projektionswand enthaltende, der Weltachse parallele Achse drehbar sind, und daß ihre Objektive um eine Lichtquelle herumgruppiert sind, die in diesem Mittelpunkt liegt und sämtlichen Projektionseinrichtungen gemeinsam ist.

Um anderseits auf dieser Projektionswand die Bewegungen eines gegenüber der Erde bewegten Körpers des Sonnensystems, also eines Planeten oder der Sonne oder des Mondes, so zu veranschaulichen, wie sie am Aufstellungsort der Vorrichtung wahrgenommen werden, wird eine Einrichtung vorgesehen, die einen Träger enthält, der um eine den Kugelmittelpunkt der Projektionswand enthaltende, der Weltachse parallele Achse drehbar angeordnet ist, und in dem zwei Glieder gegeneinander beweglich angeordnet sind, mit denen eine Projektionsvorrichtung derart gekuppelt ist, daß ihre Achse stets der Verbindungslinie eines bestimmten Punktes des einen Gliedes mit einem bestimmten Punkt des anderen Gliedes parallel ist. Dabei entspricht der bestimmte Punkt des einen Gliedes der Erde und der des anderen Gliedes dem gegenüber der Erde bewegten Körper des Sonnensystems, dessen Bewegung veranschaulicht werden soll.“

Wie das Planetarium funktionierte

Nach jeweils kurzen öffentlichen Probevorführungen in München und Jena wurde das weltweit erste Projektionsplanetarium am 7. Mai 1925 im Deutschen Museums in München der Öffentlichkeit zugänglich gemacht und brachte 4500 Sterne in der Kuppel in München zum Strahlen:

  • Eine konkave Metallkugel, bekannt als Sternenkugel, verwendete 31 Linsen, um Bilder von 4.500 Sternen auf der Kuppel zu zeigen.
  • Sieben zusätzliche Projektoren, die an der Kugel angebracht waren, erzeugten Bilder von Sonne, Mond, Merkur, Venus, Mars, Jupiter und Saturn.
  • Die Bewegung dieser Projektoren reproduzierte die Bewegung der Sonnenkörper relativ zu den Sternen.
  • Die Beleuchtung der Bilder kam von einer hellen elektrischen Lampe in der Mitte der Kugel, umgeben von den 31 Linsen. Hinter jeder Linse war eine Scheibe namens Sternenplatte angebracht, die als fotografisches Dia diente. Das Licht der Lampe ging durch Löcher in der Platte, von denen jedes einen Stern darstellte. Jede Linse fokussierte das Licht durch die Löcher in der Sternenplatte auf die Kuppel, so dass die 31 Projektoren zusammen ein Bild des gesamten Himmels erzeugten.

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Heute gibt es mehr als 3000 Planetariumsinstallationen in fast allen Ländern der Erde. Während sich früher die Präsentationen in Planetarien auf die naturgetreue Nachbildung des Sternenhimmels konzentrierten, wird dies heute durch 360°-Videoprojektionen ergänzt, in denen die Geheimnisse des Universums erlebbar werden. Es geht um nicht weniger als die ganz großen Fragen unserer Existenz: Wo kommen wir her? Wie sieht die Zukunft der Erde und des Universums aus? Und sind wir allein im Weltraum? Moderne Projektionsplanetarien arbeiten noch immer nach einem ähnlichem Prinzip wie damals, allerdings ausgestattet mit computergesteuertem Antrieb, LEDs und Faseroptik. Das Sterntheater bietet heute als moderne Hightech-Kuppel faszinierende Fulldome-Shows.

Tipp: Jubiläum mit vielen Aktivitäten

Anlässlich des Jubiläums „100 Jahre Planetarien“ zeigt das Deutsche Museum in München in seiner gleichnamigen Sonderausstellung die faszinierende Geschichte des Planetariums. Zur Ausstellung gehören mehrere historische Projektoren, so auch das Modell I, das Zeiss am 21. Oktober 1923 dem Deutschen Museum präsentierte. Dieses Datum gilt heute als die Geburtsstunde des modernen Planetariums.

Die International Planetarium Society (IPS) und die Gesellschaft Deutschsprachiger Planetarien e. V. (GDP) feiern mit Unterstützung der Carl-Zeiss-Stiftung zwischen dem 21. Oktober 2023 und dem 7. Mai 2025 das Jubiläum zusammen mit den Planetarien in der ganzen Welt. Für die beiden Jubiläumsjahre sind zahlreiche Veranstaltungen und Aktivitäten, wie zwei neue Planetariumsshows sowie ein Buchprojekt geplant. Die offizielle Eröffnungsfeier findet am 21. Oktober 2023 im Deutschen Museum in München und dem Zeiss-Planetarium in Jena statt. Schirmherr für das Jubiläum ist Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier.

Zur Website planetarium100.org

Quellen und weiterführende Informationen

planetarium100.org

galaxieregister.de

patents.google.com

www.zeiss.de

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